Rezension: »Therapiert« von Martta Kaukonen

»Therapiert« von Martta Kaukonen

Titel der Originalausgabe: Terapiassa
Übersetzung von: Gabriele Schrey-Vasara
Verlag der dtsch. Ausgabe: Heyne
Verlag des Originals: WSOY

Folge nicht dem Schmetterling

Handlung:

»Star-Therapeutin Clarissa Virtanen hat schon viele schwierige Fälle behandelt. Als die traumatisierte junge Ira vor ihr sitzt, die kaum ein Wort herausbringt, läuten bei ihr sofort die Alarmglocken. Ira scheint kurz davor, sich etwas anzutun. Das will Clarissa um jeden Preis verhindern. Schließlich darf sie nicht noch einen ihrer Schützlinge verlieren. Denn das würde auch ihr Leben zerstören, das längst nicht so perfekt ist, wie es nach außen scheint. Aber Clarissa ahnt nicht, dass Ira sie aus einem ganz bestimmten Grund als Therapeutin ausgewählt hat … ​«

(Klappentext)

Fangen wir mit dem Positiven an:

Die Grundidee klang durchaus interessant. Auch ein paar der angesprochenen Themen bilden an sich eine gute Grundlage für einen tiefgründigen Thriller. Eine Serienmörderin, die sich eine Therapeutin sucht? Was für eine spannende, originelle Idee! Das eröffnet so viele Möglichkeiten und so viele ethische Fragen … In meinen Augen wurde dieses Potential indes leider nicht ausgeschöpft.

Unzuverlässige Erzähler:

Eigentlich mag ich unzuverlässige Erzähler:innen ja – wenn sie gut geschrieben sind. Aus meiner Sicht erfordert das aber zwingend, dass ihr Verhalten zumindest im Rückblick einen kohärenten Sinn ergibt. Warum ist dieser Charakter ein unzuverlässiger Erzähler, was verspricht er sich davon? Am Schluss sollte sich das letzte Puzzleteil auf eine Weise ins Bild fügen, die im Rückblick alles andere erklärt.

Die Motivation zur Täuschung muss im Verlangen des Charakters begründet liegen, nicht im Verlangen des Autors oder der Autorin, die Handlung zurechtzubiegen. Und das ist der Hauptgrund, warum es in »Therapiert« meines Erachtens eben nicht funktioniert. Hier werden Lesende gezielt in die Irre geführt, um schockierende oder zumindest unerwartete Wendungen möglich zu machen, die sonst keinerlei Sinn ergeben würden. Außerdem sind im Grunde alle vier Ich-Erzähler mehr oder weniger unzuverlässig, was es zum Gimmick macht.

Die Charaktere:

Wusste ich am Schluss überhaupt, wer diese Menschen wirklich sind? Nein, denn sie lügen über Dinge, die eigentlich die Grundlagen ihres Wesens und ihrer Motivation darstellen – auch über Dinge, bei denen sie nicht hätten lügen müssen, was nur den Schluss zulässt, dass hier die Autorin spricht, nicht der Charakter. Viele der Wendungen erschienen mir im Rückblick daher bedeutungslos und zusammengeschustert.

Glaubhaftigkeit:

Sogar die Dinge, die sich als wahr erweisen, lesen sich zum Teil unglaubwürdig. Zum Beispiel wirkte Star-Therapeutin Clarissa Virtanen rundum unprofessionell und übertrieben. Welche Therapeutin bricht in haltloses Schluchzen aus, weil eine Patientin ihr etwas Schlimmes erzählt, was sie erlebt hat? Welche Therapeutin reagiert andererseits genervt, weil eine Patientin ihr in der zweiten Sitzung noch nicht vertraut?

Spannung & Tempo

In sehr kurzen Kapiteln spult sich die Handlung im flotten Tempo ab, so dass sich durchaus Spannung aufbaut. Leider hatte ich am Schluss jedoch das Gefühl, eine unnötig aufgebauschte Geschichte ohne echte Substanz gelesen zu haben.

Fazit

Deutliche Kritikpunkte

Für mein Empfinden verpufft hier eine sehr vielversprechende Idee; die Handlung verliert durch erzwungene Wendungen und übertrieben unzuverlässige Erzähler ihre Schlüssigkeit.

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