Rezension: »Erdbebenwetter« von Zaia Alexander

»Erdbebenwetter« von Zaia Alexander

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Unbezahlte #werbung:
Ein Rezensionsexemplar des Buches wurde mir von NetGalley im Auftrag des Verlags zur Verfügung gestellt.

Wunderschön geschrieben, doch blasse Heldin

Handlung

»Kojoten ziehen hungrig durch die Wohnviertel, in den Nachrichten warnen sie vor Schießereien und blinder Verkehrswut. Mit der Hitze kommt eine unheimliche Stille. Erdbebenwetter. Das Leben in L.A. gleicht in diesem Roman nicht dem Hollywood, das uns die großen Studios in ihren Filmen vorgaukeln. Und auch Lous Alltag ist nicht aus dem Stoff der Traumfabrik.

Ihr Leben scheint in einer Endlosschleife hängengeblieben zu sein, als sie bei einer Filmpremiere einen alten Freund wiedertrifft, der mittlerweile ein erfolgreicher Regisseur ist. Er nimmt sie mit zu einem Kurs in einem Tanzstudio in Santa Monica und führt sie in die Welt der Hexer ein. Damit gewinnt ihr Leben eine elektrisierende Intensität. Das allzu Bekannte wird außergewöhnlich, der Alltag rückt in ein neues Licht. Lou erkennt, dass es Ausfahrten und Schlupflöcher im vermeintlich festgelegten Koordinatensystem des Lebens gibt.«

(Klappentext)

Eine Sprache abseits gängiger Erzählmuster

Zaia Alexander findet poetische Worte und Bilder voll intensiver Atmosphäre. Das ist mal lebendig und mitreißend, mal verweilt es in schwereloser, flirrender Ruhe, reduziert auf einen Moment und einen Ort. Das »Hohelied der Liebe« kam mir in den Sinn: »Wir sehen jetzt durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort«.

Aber immer liest sich »Erdbebenwetter« als magischer Realismus, der sich jeder Erwartungshaltung entzieht und Grenzen auslotet, um sie dann zu überschreiten. Das betrifft Grenzen jeglicher Art: Mann und Frau, Mutter und Kind, Mensch und Tier. So nimmt Protagonistin Lou ein kleines Mädchen bei sich auf, das wiederum ein Kätzchen rettet – doch wer von den Dreien Mutter ist, wer Tochter, das wird immer wieder neu ausgehandelt.

Jenseits der sinnlich erfahrbaren Gegenständlichkeit

Denis Scheck nannte »Erdbebenwetter« einen modernen Hexenroman, doch dem würde ich nur bedingt zustimmen. Ja, Protagonistin Lou trifft auf Menschen, die sich »Hexer« nennen und scheinbar zumindest ein Stück weit den widerspenstigen Bedingungen menschlicher Existenz entziehen. Doch auf mich wirkten sie eher wie ein Kult denn wie ein Hexenzirkel: Ihre Magie liegt in ihrem unverfrorenem Charisma, der Art und Weise, wie sie ihre Realität nach ihrem Willen biegen, indem sie sich einfach nehmen und tun, was sie wollen.

Lou

Lou fehlt die Unverfrorenheit der Hexer, aber auch deren kraftvolle Art, die Dinge nach eigenen Regeln anzupacken und hart dafür zu arbeiten. Ihr Leben war bisher orientierungslos, sie giert nach einem Leuchtfeuer, das ihr die Richtung weist. Verzweifelt versucht sie, sich ihren neuen Freundinnen und dem »Mentor« anzubiedern; sie bezieht niemals klar Stellung, ohne zu erwägen, ob sie damit den Erwartungen der Hexer entspricht.

Der Klappentext spricht von »Ausfahrten und Schlupflöcher im vermeintlich festgelegten Koordinatensystem des Lebens«, doch genau diese nutzt Lou eben nicht. Sie zieht in den Wohnkomplex der Hexer, lässt sich die Haare schneiden und einen neuen Namen geben, übernimmt widerspruchslos die Mutterrolle für ein ihr zugewiesenes Kind. Auf Geheiß bricht sie jeden Kontakt zu den Menschen ihres bisherigen Lebens ab. Das ist weniger Hexeneinmaleins als Kult für Fortgeschrittene.

Fazit

Nicht ganz überzeugt

Leider driftet die Geschichte in meinen Augen allzu sehr ins nebulöse Miasma verpasster Chancen und nicht realisierter Selbstbestimmung. Lou spiegelt die Erwartungen, ohne sie zu erfüllen; sie bleibt blass und passiv. »Hexer« wird übrigens stets im generischen Maskulinum verwendet, so dass sich mir die Frage stellt, ob Frauen in diesem Umfeld überhaupt mehr sein können als nur Anhängerinnen des Mentors.

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