© Cover ‘Tod in Weißen Nächten’: Rowohlt-Verlag
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Sankt Petersburg:
Eine junge Frau ist kürzlich verschwunden; eigentlich würde die Polizei noch gar nicht ermitteln, aber Zena ist schwedische Studentin und hat einen stinkreichen Vater – da wird Druck gemacht. Natalja Iwanowa, eine Ermittlerin der Kriminalpolizei, bekommt den Fall zugeteilt, was ihrer Karriere je nach Ausgang sehr guttun aber auch sehr schaden könnte. Wie üblich muss sie sich nicht nur mit unzuverlässigen Zeugen und mangelnden Hinweisen herumschlagen, sondern auch mit dem alltäglichen Sexismus und der Korruption innerhalb der Polizei.
Dann passiert etwas, das ich hier noch nicht verraten will, auch wenn der Klappentext es dummerweise schon tut.
Jedenfalls: der Fall scheint gelöst, die hohen Tiere bei der „Menti“ (Polizei) lassen sich für ihren Erfolg von der Presse feiern. Aber Natalja erkennt: hier ergibt vieles keinen Sinn. Sie will weiter ermitteln, bekommt aber mehr oder weniger gesagt: Es ist doch egal, ob es wirklich so war, wie es scheint! Für uns ist es ein Erfolg, rüttel jetzt nicht am System. Aber natürlich ermittelt sie auf eigenes Risiko weiter.
Leben im kranken System:
Die Korruption ist allgegenwärtig – was Natalja nur allzu gut weiß. Ohne Schmiergeld hätte ihr Stiefsohn mit seinen mittelmäßigen Noten kein Abitur bekommen. Ohne Schmiergeld hätte die Ärztin ihn nicht so schnell empfangen, als er letztens so hohes Fieber hatte. Ohne Schmiergeld bekommt er jetzt auch keinen Studienplatz, und das kostet eine gute Stange Geld. Es gibt so vieles, was am Lebensmut frisst: die triste Freudlosigkeit im Leben der normalen Bürger; das politische System, das vorgibt, ein demokratischer föderativer Rechtsstaat zu sein, die Demokratie dabei aber immer kleiner schreibt …
Das ist beim Lesen ohne Frage deprimierend, wie ein ständiges bleiernes Gewicht, dass du von Seite zu Seite mit dir herumschleppst. Aber das soll mitnichten Kritik am Buch sein – wenn es schon in Sankt Petersburg spielt, dann soll es das Leben in Sankt Petersburg auch nicht beschönigen oder die Probleme klein reden. Anderes Land, anderes System, andere Sitten.
Mir hat das Buch aus vielerlei Gründen sehr gut gefallen.
Es ist intelligent geschrieben, mit einem sehr wachen Blick auf die Gesellschaft, in der es spielt; der Fall ist in vielerlei Hinsicht komplex und überraschend. Der Schreibstil baut eine dichte Atmosphäre auf, mit Gespür fürs richtige Tempo. Es gibt unerwartete Wendungen, die es in sich haben, und die Protagonistin ist eine glaubhafte Persönlichkeit mit Ecken und Kanten, mit der ich durchgehend mitgefiebert habe.
Ein weiterer Pluspunkt: am Ende des Buches ergibt der Prolog auf einmal Sinn, und dann stellst du fest, dass der Spannungsbogen sauber aufgebaut und aufgelöst wurde.
Fazit
Zena, eine junge Schwedin, studiert in Sankt Petersburg. Seit ein paar Tagen ist sie verschwunden, Ermittlungen werden nur wegen ihres reichen Vaters aufgenommen. Schnell scheint der Fall aufgeklärt, doch Ermittlerin Natalja Iwanowa entdeckt Ungereimtheiten – stößt aber in den eigenen Reihen auf Widerstand, da der vermeintliche Erfolg die Polizei so gut dastehen lässt. Auf eigene Faust ermittelt sie weiter.
Der Krimi beschönigt das Leben in Sankt Petersburg nicht, weder das korrupte System noch das triste Leben der kleinen Bürger:innen. G.D. Abson verbindet das mit einem vielschichtigen Fall, einem gekonnten Schreibstil und einer glaubhaften Protagonistin. Für mich ein sehr gelungener erster Band der Reihe!
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Titel | Tod in weißen Nächten |
Originaltitel | Motherland |
Autor(in) | G.D. Abson |
Übersetzer(in) | Kristof Kurz |
Verlag* | Rowohlt |
ISBN / ASIN | 978-3-499-00167-3 (Taschenbuch) 978-3-644-00450-4 (eBook) |
Seitenzahl* | 448 |
Erschienen im* | Mai 2021 |
Genre* | Kriminalroman |
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