«Weil da war etwas im Wasser» von Luca Kieser

«Weil da war etwas im Wasser» von Luca Kieser

Verlag: Picus

Zwischen dem Himmel und ihm ein Kampf

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«Wie das tiefschwarze Gefieder eines Hahnes vor dem Schrei dehnt sich dass All – und die Erde, unsere Heimat, ist darin nicht mehr als das Blitzen einer Federspitze.»

Tiere als Protagonisten sind nichts Neues. Katzen ermitteln in Mordfällen, Hunde berichten von der Liebesgeschichte ihres Frauchens – sogar Schafe sind schon als Handlungsträger aufgetreten. Aber ein Riesenkalmar, der Schwärze der Tiefsee entrissen? Oder genauer gesagt: die acht Arme des Kalmars, die voneinander unabhängig erzählen, sich sogar widersprechen? Eine mutige Wahl des Autors.

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Diese Perspektive ist für Lesende ungewohnt, öffnet ein Fenster in eine Welt, die für uns so fremdartig ist wie ein anderer Planet. Monströs mag dieses Wesen auf den ersten Blick erscheinen, doch mit jeder Geschichte, die einer der Arme erzählt, erfahren wir mehr über seine Lebenswelt, seinen faszinierenden Körper, seine Gefährdung durch den Menschen.

Das ist halb Sachbuch, halb Roman. Durch eine Reihe weiterer, menschlicher Perspektiven schlägt der Autor Brücken zum für uns Nachvollziehbaren. Wir begegnen Menschen, die aus den verschiedensten Gründen mit dem Kalmar oder dem Ökosystem Meer im Allgemeinen zu tun haben. Außerdem widmet der Autor einige Passagen der Populärkultur, die sich mit den ‚Monstern‘, den Ungeheuern der Meere beschäftigen – von Jules Verne bis Steven Spielberg.

Doch auf jeden Schritt in vertraute Gefilde folgt wieder ein Bruch; dann zieht einer der Arme dich erneut ins Unbekannte.

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Insgesamt ist die Konstruktion des Romans gewagt, in manchen Passagen meines Erachtens überfrachtet mit Themen, Fakten, Blickwinkeln. Dennoch: Die Erzählungen der Arme des Kalmars machen abstraktes Wissen greifbar, erheben ökologische Themen aus dem diffusen Nebel des leicht Ignorierbaren. Fußnoten schicken dich hierhin und dorthin – pures Chaos, aber unbedingt folgen!

Letztlich wirft Luca Kieser die Frage in den Raum, ob der Mensch überhaupt auf angemessene, sinnvolle Weise über Tiere und Natur sprechen kann. Kann der Roman als Bejahung dieser Frage gelten? Das liegt wohl im individuellen Ermessen der Leser:innen.

Fazit

Gern gelesen

Für mich ist der Roman auf jeden Fall ein anerkennenswerter Versuch. Das Experimentelle seiner Struktur schubst dich aus der Komfortzone, und das macht Lust darauf, den angesprochenen Themen weiter nachzugehen.

«Und dann brach ein Klagelaut aus ihm hervor. Obwohl es stach, sog unser Kalmar in sich ein, was durch die Kiemen in ihn geriet. Schäumend grüne Gischt und jenes Gas – einen Moment waren da nur der Nachhall seines Schreis und das Weiß in einem grün schäumenden Meer und zwischen dem Himmel und ihm ein Kampf – dann siegte die Helligkeit und er duckte sich unter Wasser.»

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