#Rezension Leona Deakin: Mind Games

Leona Deakin: Mind Games

© Cover ‘Mind Games’: Verlag Goldmann
© Bild Smartphone: Pixabay

Handlung

London: Vier Menschen erhalten anonym eine Geburtstagskarte mit der Nachricht: »Dein Geschenk ist das Spiel – traust du dich zu spielen?« Danach verschwinden sie spurlos. Da die Polizei die Sache nicht ernst nimmt, engagiert die Tochter einer der Verschwundenen die Psychologin und Privatdetektivin Dr. Augusta Bloom. Als Bloom die Lebensläufe der Vermissten analysiert, entdeckt sie eine Gemeinsamkeit: Alle vier hatten eine dunkle Seite, die sie vor der Welt geheim hielten – und die sie höchst gefährlich macht. Offensichtlich nutzt der Täter das Gewaltpotential seiner Opfer. Und versucht, auch Augusta Bloom in sein tödliches Spiel hineinzuziehen …

(Klappentext)

Langweilt dich dein Leben? Bist du bereit, deine Natur zu entfesseln?

Originalität / Einfallsreichtum

Neu ist die Idee erstmal nicht. Ein rätselhaftes Spiel, bei dem Teilnehmer sich aus den verschiedensten Gründen freiwillig in Gefahr begeben? Kennt man schon. Aber hier erfährt dieses bekannte Thema eine interessante Variation: jemand wählt gezielt Psychopathen aus und lädt sie zu dem Spiel ein – als Teilnehmer, wohlgemerkt, nicht als Gegner.

Gut gelungen ist die Aufteilung der Handlung in verschiedene Blöcke aus der Sicht verschiedener Psychopathen, so dass man die vermeintliche Normalität durch deren Augen sieht. Andere Menschen werden zu reinen Spielfiguren, Skrupel werden abgelegt wie abgenutzte Kleidungsstücke. Das ist faszinierend – und beunruhigend, wenn man bedenkt, dass laut Statistik vier Prozent der Bevölkerung Psychopathen sind. (Allerdings werden längst nicht alle zu Mördern.)

Erfreulich fand ich, dass die Autorin darauf verzichtet, das Thema Psychopathie als Aufhänger für möglichst schockierende, detaillierte Morde zu benutzen – darum geht es hier nicht. Psychopathen mögen eklatante Defizite in Empathie und sozialer Intelligenz aufweisen, doch sie sind nicht unbedingt geborene Killer. Es gibt Todesfälle in “Mind Games”, ja, aber die Handlung ist subtiler als eine reine ‘Schlachtplatte’.

Charaktere

Im Mittelpunkt stehen meines Erachtens vor allem drei Charaktere: die 14-jährige Seraphine Walker, Kriminalpsychologin Dr. Augusta Bloom und Ex-Spion Marcus Jameson.

Seraphine:

Seraphines Gedanken verraten schnell, dass sie hochintelligent ist und die Welt nicht so sieht wie ihre Altersgenoss*innen. Sie ist sich immerzu der Notwendigkeit bewusst, “Normalität” vorzutäuschen, sich ihrer Umgebung anzupassen.

Mein allererster Gedanke war, sie sei womöglich Asperger-Autistin, da diese oft Meister darin sind, neurotypisches Verhalten zu simulieren – doch ich habe das schnell revidiert zu “vielleicht Psychopathin”. Allerdings habe ich das immer wieder hinterfragt, denn Seraphine wird so vielschichtig beschrieben, dass ich sie nicht zu schnell in eine Schublade stecken wollte. Es gibt im Laufe der Geschichte auch ein paar Wendungen, die den Leser dazu einladen, seine Eindrücke zu überdenken. Ob Seraphine letztendlich in die Schublade “Psychopathin” gehört, das lasse ich hier natürlich offen.

Augusta und Marcus:

Augusta und Marcus ergeben ein sehr effektives Ermittlerduo, gerade weil sie sehr unterschiedliche Erfahrungswelten und Expertisen mitbringen. Ich fühlte mich davon sehr angetan, weil sie meines Erachtens weder in Klischees noch in übersteigert unrealistisches Superheldentum verfallen.

Beide sind komplexe Charaktere mit differenzierten Stärken und Schwächen, und besonders Augusta hat auch ihre abgründigen Seiten.

Spannung

Die Geschichte macht schnell neugierig, so dass sich schon Spannung aufbaut, bevor überhaupt etwas passiert ist – mal abgesehen von der schon erwähnten eiskalt berechnenden 14-Jährigen, die einem Pädophilen mit angespitztem Bleistift die Halsschlagader aufsticht.

War es Notwehr? Rache für eine Freundin, die von dem Mann missbraucht wurde? Lust am Töten? Der Anfang setzt auf jeden Fall schon mal ein Ausrufezeichen hinter die Erwartungen des Lesers, und für mich wurden diese Erwartungen auch erfüllt.

Logik / Schlüssigkeit

Die großen Wendungen gegen Ende des Buches habe ich schon ein Weilchen kommen sehen, das hat der Spannung für mich jedoch keinen Abbruch getan; ich wollte dennoch wissen, wie sich die verschiedenen Handlungsstränge zusammensetzen.

Vorbehaltlos glücklich bin ich mit der Auflösung allerdings nicht, nicht alles fand ich hundertprozentig glaubhaft – aber ich vermute, dass das ein oder andere wahrscheinlich im nächsten Band noch mal aufgegriffen wird. (Im englischen Original ist der schon erschienen.) Dennoch fand ich das Buch im Großen und Ganzen spannend und geschickt konstruiert.

Schreibstil

Der Schreibstil liest sich flüssig und unterhaltsam, der Sprachrhythmus treibt die Spannung in den Schlüsselszenen noch weiter auf die Spitze.

Fazit

Wegbegleiter

“Mind Games” greift ein im Thriller-Genre bekanntes Thema auf: verschiedene Menschen werden scheinbar wahllos zu einem perfiden, riskanten Spiel eingeladen, bei dem sie miteinander konkurrieren. Der Twist: alle Teilnehmer wurden ausgesucht, weil sie psychopathische Tendenzen zeigen…

Nein, das läuft NICHT auf eine reine Kollektion schockierender, blutiger Gräueltaten hinaus, auch wenn die Vermutung naheliegt! Leona Deakin verfällt keineswegs dem Klischee, dass Psychopathen immer Serienmörder à la Hannibal Lecter, Dexter und Konsorten sind – hier geht es um Macht und Prestige, da ist sorgsam dosierter Mord nur eines der vielen Werkzeuge, die einem geschickten Psychopathen zur Verfügung stehen.

In meinen Augen ist der Autorin hier ein interessanter Auftakt für eine neue Thriller-Reihe gelungen – wenn auch mit leichten Schwächen in der letztendlichen Auflösung dieses ersten Bandes.

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TitelMind Games
OriginaltitelGone
Autor(in)Leona Deakin
Übersetzer(in)Ariane Böckler
Verlag*Goldmann
ISBN / ASIN978-3-442-49051-6 (Taschenbuch)
978-3-641-23934-3 (eBook)
978-3-8445-3796-3 (Hörbuch)
Seitenzahl*432
Erschienen im*Juni 2020
GenreThriller
* bezieht sich auf die abgebildete Ausgabe des Buches
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