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Ein Rezensionsexemplar des Buches wurde mir von NetGalley im Auftrag des Verlags zur Verfügung gestellt.
Verlag: Aufbau
Inhaltsverzeichnis
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Handlung
Originalität & Einfallsreichtum
Spannungsbogen
Logik & Schlüssigkeit
Charaktere
Schreibstil
Fazit
Handlung
Hamburg, ein Imbiss auf St. Pauli. Hier steht ein stiller, sanftmütiger Mann, von dem niemand weiß, wer er in Wahrheit ist: Vor Jahren war Manuel Jessen ein Elitesoldat in Afghanistan, dann wurde er aus einer langen Gefangenschaft befreit und lebte mit seiner Geliebten Yūko ein ruhiges Leben in Japan. Aber kaum glaubte er, seinen Frieden gefunden zu haben, forderte sein amerikanischer Retter den Lohn für seine Befreiung ein. Manuel wird zu einem Auftragsmörder für den Geheimdienst. Bis er verraten wird und sich in die falsche Frau verliebt.
(Klappentext)
Zen, Krieg und Currywurst
Originalität / Einfallsreichtum
Die Geschichte umspannt mehrere Länder und eine Vielzahl von Themen: Krieg, das Leben eines (unfreiwilligen) Auftragsmörders, die dubiose Ethik der Geheimdienste, Yakuza, aber auch Liebe, Freundschaft und die bunte Lebenskultur am Hamburger Kiez. Ladyboy, Biker, Prostituierte, ganz egal … Alle stehen in der Imbissbude von Protagonist Manuel Jessen an der gleichen Theke und genießen die beste Currywurst der Welt.
So viele Themen auf einmal? In den Händen eines ungeschickteren Autors hätte daraus eine ungenießbare, überwürzte Wortpampe werden können. Aber so wie Manual den frischgekochten Ketchup mit einer Vielzahl von fein dosierten Gewürzen bis zur Perfektion verfeinert, gelingt es auch Henrik Siebold, aus den vielen Themen einen originellen, ungewöhnlichen Thriller zu machen, der das Lesen lohnt.
Spannungsbogen
Von der Veranlagung her ist Manuel eigentlich ein friedlicher Mensch, der nur durch eine fatale Kette von Ereignissen zu dem gemacht wurde, der er ist. In Afghanistan verbrachte er Jahre in Gefangenschaft der Taliban, und seine Retter gedenken, sich die Befreiung mit lebenslanger Knechtschaft bezahlen zu lassen. Ironie des Schicksals.
Vor »Schattenkrieger« habe ich nur ein einziges Mal mit einem Auftragsmörder dermaßen mitgefiebert. (Nämlich mit »Billy Summers« von Stephen King, der ist ähnlich überzeugend geschrieben.) Manuel will raus aus diesem Leben, er will nicht mehr töten, er kann die Gewalt nicht mehr ertragen – aber immer hat ihn jemand mit diesem oder jenem Druckmittel in der Hand, so dass er keine Wahl hat. Und so verfolgte ich in banger Erwartung und fingernagelfeindlicher Spannung Manuels Versuche, aus dem Kreislauf der Gewalt auszubrechen.
Das ist verflixt spannend, und das sage ich als Leserin, die bei den Worten ‘Geheimdienst’, ‘Krieg’ und ‘Auftragsmörder’ normalerweise abwinkt und zu einem anderen Thriller greift. Aber hier ist das so gut geschrieben, so vielschichtig und tiefgründig, dass es sich positiv aus dem Genre hervorhebt.
Schlüssigkeit & Glaubhaftigkeit
Die Geschichte ist an sich schlüssig konstruiert. Nur manchmal überspannt sie den Bogen ein klein wenig, da erscheint nicht mehr ganz glaubwürdig, was ein einzelner Mann so alles tun und erleben kann – und wie überragend gut er in allem ist!
Manuel meistert alles, von einer uralten japanischen Kampfkunst bis hin zur wohlschmeckenden Imbisskochkunst, die Christian Rach die Freudentränen in die Augen treiben würde. Wäre er dabei nicht so sympathisch, ich müsste ihn wohl als Superhelden-Persiflage abtun. Aber er ist sympathisch und bei aller Meisterschaft immer auch eine tragische Gestalt. Irgendwie kauft man dem Autor dann doch alles ab und drückt die Daumen.
Charaktere
Henrik Siebold schreibt Charaktere, die ohne Zweifel überzeichnet und überlebensgroß daherkommen, dabei aber dennoch authentisch wirken, wie direkt aus dem Leben gegriffen. Besonders die ‘Kiezianer’, diese bunte und vielfältige kleine Truppe, sind mir richtig ans Herz gewachsen.
Nur gegen Ende wird es mir dann doch etwas zu gefühlsselig. Das Finale schraubt sich zwar ohne Netz und doppelten Boden hoch zum großen Showdown, doch die Umstände sind arg konstruiert. Ob es dann aber wirklich zum Happy End kommt oder ob Manuel als tragischer Held endet, das lasse ich hier natürlich noch offen.
…und ich gebe zu, so ein bisschen gerührt war ich dann auch, als sich die schrulligsten und ‘härtesten’ Charaktere als gefühlvolle Menschen zeigten. Freudentränen? Kummertränen? Verrate ich nicht.
Schreibstil
Henrik Siebold kann ohne Zweifel schreiben, mit einem Stil, der sich wunderbar flüssig liest und dabei auch noch etwas ganz Eigenes, Unverwechselbares an sich hat. Einheitsbrei steht nicht auf der Speisekarte.
Fazit
»Schattenkrieger« ist ein ‘Aber’-Buch — es hat mich überzeugt, obwohl es nicht in mein Beuteschema passt. Ich winke normal ab, wenn das Wort ‘Elitesoldat’ im Klappentext eines Thrillers vorkommt, aber… Ich seufze schwer, wenn es um Geheimdienste geht, aber… Ich ergreife die Flucht, wenn der Protagonist ein Auftragskiller ist, aber…
Was heißt denn nun ‘aber’?
- Aber die Geschichte ist originell und einfallsreich.
- Aber die Spannung schraubt sich schnell hoch und hält das Level bis zum Schluss.
- Aber das ist sauber konstruiert, wenn auch manchmal etwas überzogen.
- Aber die Charaktere wachsen dir ans Leser:innenherz.
- Aber der Schreibstil ist großartig.
Da lässt sich in meinen Augen auch wunderbar verschmerzen, dass die Handlung den Bogen der Glaubwürdigkeit manchmal etwas überspannt oder Protagonist Manuel etwas zu superheldenhaft wirkt. Das Lesen macht einfach Spaß.
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