#Lesetagebuch KW42 2022

Lesetagebuch

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Zuletzt rezensiert

Fatma Aydemir: Dschinns

Fatma Aydemir: Dschinns

»Diese Familie wird weder verklärt noch verteufelt«, sagte die Autorin beim Großen Longlist-Abend im Literaturhaus Hamburg. »Es gibt deutliche Probleme, aber auch Potentiale« Sie wolle das Narrativ »Ich erzähl euch jetzt, wie dieser Gastarbeiter gelebt hat« brechen – und damit, dass man als Autor:in immer direkt für alle Menschen sprechen solle, die Gemeinsamkeiten mit der Hauptfigur haben.

Und das gelingt ihr, das gelingt ihr so wunderbar, dass die Buchbloger:innen, die Bookstagramer:innen, die Buchtwitter:innen den Lobgesang dieses Romans singen.

Hiermit stimme ich ebenfalls ein: Lest es, lest es, lest es. Was für eine epische Geschichte, was für ein konfliktgeladenes, fesselndes Familiendrama. Die Autorin erzählt in klaren Worten mit schlichter emotionaler Wucht, haucht jedem Charakter mühelos Leben ein. Besonders den weiblichen Schlüsselfiguren verleiht sie sehr eindringliche Stimmen.

[ Meine ganze Rezension zu “Dschinns” ]

Theresia Enzensberger: Auf See

Theresia Enzensberger: Auf See

Der Roman liest sich schnell und unterhaltsam runter; darüber hinaus verbindet seine Handlung einige hochinteressante Themen: Neoliberalismus, Kollektivismus, Individualismus, Sektenbildung und Sektentum, Strategien zum nachhaltigen Leben, Gentrifizierung, gescheiterte Zukunftsvisionen und mehr … Alles wird fundiert in den geschichtlichen Kontext eingeordnet, inklusive Erwähnung der jeweils wichtigsten Personen und Fakten, so dass geneigte Leser:innen weiterforschen können.

Lehrreich ist das auf jeden Fall. In meinen Augen krankt die Umsetzung indes auf erzählerischer Ebene an einer gewissen Oberflächlichkeit. Da wird viel angerissen, ohne weiter vertieft zu werden, oder in Wikipedia-artigen Artikeln zwar ausführlich als Sachtext abgehandelt, dabei aber nicht in der Handlung verwurzelt. Wichtige Handlungselemente werden vorgegeben, der Roman praktiziert dabei oft das Gegenteil des elementaren ‘show, don’t tell’: Das passiert, dann passiert das. So ist das, und zwar deswegen. Nur sehr wenig musst du dir als Leser:in selbst erschließen.

[ Meine ganze Rezension zu “Auf See” ]

Lauren Beukes: Shining Girls

Lauren Beukes: Shining Girls (Serie & Buch)

Die Geschichte dreht sich um Harper, einen zeitreisenden Serienkiller, und Kirby, das einzige seiner Opfer, das je überlebt hat und nun versucht, ihn aufzuspüren, über die Jahrzehnte hinweg. So weit stimmen der Roman von Lauren Beukes aus dem Jahr 2013 und die Serienadaption aus dem Jahr 2022 überein.

Doch es gibt gravierende Unterschiede, die meines Erachtens aus einem mittelmäßigen Thriller eine merklich stärkere Verfilmung machen: Der Fokus liegt im Buch vor allem auf Harper, der als Charakter recht eindimensional bleibt, während die Serie sich auf Kirby konzentriert, die mit mehr Komplexität aufwarten kann. Aber vor allem zieht die Serie das Zeitreiseelement konsequenter durch – Harpers Morde in verschiedenen Epochen verändern die Realität der Gegenwart, und das ist immer wieder überraschend und faszinierend.

[ Meine ganze Rezension zu “Shining Girls” ]

Zuletzt beendet

(Rezension folgt noch)

Dagmar Leupold: Dagegen die Elefanten!

Dagmar Leupold: Dagegen die Elefanten!

Schon nach wenigen Seiten verlor ich mein Leserinnenherz an Herrn Harald. Ich liebte seine würdevolle Art. Ich liebte seinen feinen Sinn fürs Detail. Ich liebte die respektvolle Aufmerksamkeit, die er sogar den scheinbar belanglosesten Gegenständen schenkt. Da eröffnen sich ganze Welten in seinen Gedanken, in seinen Metaphern und behutsamen Bildern; da breitet sich beim Lesen ein tiefer innerer Reichtum vor dir aus. Er ist ganz ohne Zweifel exzentrisch, indes auf ruhige Art, die nichts fordert und nichts erwartet.

Ach, Herr Harald, du Held der kleinen Dinge.

Oyinkan Braithwaite: Meine Schwester, die Serienmörderin

Oyinkan Braithwaite: Meine Schwester, die Serienmörderin

Die Geschichte, die in Nigeria spielt, ist bitterböse: Die unscheinbare Korede hat eine wunderschöne Schwester, von der jede:r bezaubert ist. Allerdings weiß nur Korede, dass Ayoola jetzt schon drei ihrer Freunde umgebracht hat, denn sie musste ihr immer dabei helfen, den Tatort zu reinigen und die Leiche verschwinden zu lassen. Hilflos muss Korede zusehen, als Ayoola nun auch noch eine Beziehung mit dem Mann anfängt, in den sie selber verliebt ist … So oder so wird sie sich bald entscheiden müssen.

Eigentlich eine absurde Grundsituation, und dennoch sind die Charaktere glaubhaft. Das Buch macht sehr deutlich, welches Umfeld und was für eine Gesellschaft eine Frau wie Ayoola hervorgebracht hat. Sie hat schon früh Gewalt in der Familie erfahren und mitbekommen, dass ihr gewalttätiger Vater allerorts als guter Mensch gefeiert wurde. Und sie hat als Kind bereits erlebt, dass ihre Schönheit ihr Vorteile verschafft, also ihr Ticket in ein besseres, freieres Leben ist.

In der Geschichte geht es unterschwellig oft um Colorismus, also Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe auch innerhalb einer ethnischen Gruppe. Hier ist es Korede, die tiefschwarze Haut hat und daher gegenüber ihrer etwas hellhäutigeren Schwester herabgesetzt wird.

Aktuelle Lektüre

Ian McEwan: Lektionen

Ian McEwan: Lektionen

Damit habe ich gerade erst angefangen, mehr im Tagebuch nächste Woche!

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Kategorie: Lesetagebuch

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