#Rezension Håkan Nesser: Der Fall Kallmann

Håkan Nesser Der Fall Kallmann

Ein Rezensionsexemplar des Buches wurde mir vom Verlag für eine ehrliche Rezension zur Verfügung gestellt.

© Cover ‘Håkan Nesser Der Fall Kallmann’: btb
© Bild Smartphone: Pixabay

Handlung

Klappentext:
“Wer war Eugen Kallmann? Warum musste der beliebte Gesamtschullehrer in der beschaulichen schwedischen Kleinstadt sterben? Wirklich nur ein Unglücksfall, wie die Polizei behauptet? Als sein Nachfolger im Schwedischunterricht, Leon Berger, nach der langen Sommerpause seinen Dienst antritt, findet er im Pult unter Kallmanns Sachen eine Reihe von Tagebüchern, die sich als eine Mischung aus Dichtung und Wahrheit entpuppen und ihn schon bald daran zweifeln lassen, dass sein Vorgänger tatsächlich eines natürlichen Todes gestorben ist. Denn in seinen Einträgen behauptet Kallmann unter anderem, er würde die Gabe besitzen, in den Augen anderer Menschen erkennen zu können, ob sie gemordet haben. Und er scheint in den letzten Monaten seines Lebens einem nie entdeckten und nie gesühnten Verbrechen auf der Spur gewesen zu sein. Leon Berger will den Fall Kallmann lösen – seine privaten Ermittlungen setzen etwas in Gang, das schließlich die ganze Kleinstadt erschüttert.”

Subtile Spannung

Meine Meinung

Obwohl das Buch von Klappentext und Thema her so klingt, ist es in meinen Augen weder ein Thriller noch ein Krimi, sondern ein Roman mit Spannungselementen, der seinen ganz eigenen Sog entwickelt. Der Unterschied liegt für mich darin, dass hier streng genommen nicht immer viel passiert: die Ermittlungen im Fall Kallmann stehen tatsächlich über lange Passagen nicht im Mittelpunkt, während das Augenmerk auf den Gedanken und Gefühlen der handelnden Personen liegt, auf der Dynamik ihrer Familien, auf den gesellschaftlichen Strukturen ihres Umfelds – und dennoch wurde es mir niemals langweilig.

Ganz im Gegenteil!

Ich war beim Lesen ganz verliebt in das Buch, und mehr als einmal fragte ich mich, wie ich das später in meiner Rezension nur begründen sollte…

Zum großen Teil lag es sicher am Schreibstil des Autors: literarisch, subtil, mit viel Gespür für Atmosphäre und menschliche Zwischentöne. Er erzählt die Geschichte aus mehreren Perspektiven und verleiht dabei jedem Charakter seine ganz eigene Stimme.

Auch wenn es den Protagonisten selber nicht immer bewusst ist, überschneiden sich ihre Perspektiven und Erlebnisse, und irgendwie ist der Dreh- und Angelpunkt immer wieder Eugen Kallmann. Auch er selber kommt über seine Tagebücher posthum zu Wort, und er ist ein faszinierender Charakter!

Man weiß nie so recht: was ist hier Wahrheit, was Fiktion? Meint Kallmann wirklich alles ernst, was er schreibt?

So behauptet er zum Beispiel, er habe seine Mutter getötet, als er gerade mal 11 Jahre alt war, und könne andere Mörder seitdem erkennen, wenn er ihnen in die Augen blickt. Tatsächlich erinnern sich Schüler und Kollegen daran, dass er niemals Augenkontakt aufnahm, unter gar keinen Umständen. Ob man das als Leser nun für ein Hirngespinst Kallmanns hält, vielleicht sogar Wahnsinn, so fragt man sich doch schnell, ob er vielleicht wirklich einem Mörder auf der Spur wahr, wie er in seinen Tagebüchern behauptete – und ob dies letztendlich sein Tod war.

Das fragen sich auch diejenigen Protagonisten, durch deren Augen man die Geschichte hauptsächlich sieht.

Es sind mehrere Gruppierungen, die jeweils ihre eigenen Ermittlungen anstellen, ohne zu ahnen, dass sie damit nicht alleine sind. Das entwickelt eine Eigendynamik, die noch ganz andere Dinge bewirkt, so kommen zum Beispiel gut gehütete Familiengeheimnisse zum Vorschein.

Dazu kommt noch, dass der Fall Kallmann nicht das Einzige ist, mit dem sich die Charaktere beschäftigen müssen: eine jüdische Lehrerin bekommt Drohbriefe von einer mysteriösen “Puztkolonne”, Schüler mit Migrationshintergrund werden drangsaliert und verprügelt…

Und schließlich kommt es zu einer erschreckenden Tat.

Ich fand zutiefst originell, wie der Autor zwar einige Motive verwendet, die in einem ‘Standardkrimi’ nicht fehl am Platz wären, daraus aber etwas macht, dass sich nicht in diese Schublade zwängen lässt. Auch die Charaktere sind meines Erachtens alle wunderbar geschrieben.

Es gibt eine Liebesgeschichte, die mich zunächst nicht überzeugte, die Geschichte aber auch nicht störte. Im Laufe des Buches habe ich mich damit auch noch mehr angefreundet, obwohl sie in meinen Augen nicht unbedingt nötig gewesen wäre.

Fazit

Buchliebling

Der beliebte Lehrer Eugen Kallmann hatte so seine Marotten. So glaubte er, in den Augen eines Menschen erkennen zu können, ob dieser schon einmal getötet hat, und wähnte sich einem Mörder auf der Spur. Hirngespinste? Tatsache ist, Kallmann ist tot, und sein Tod möglicherweise kein Unfall. Die Polizei tritt dennoch nur am Rande auf, stattdessen folgt man den Gedanken verschiedener Menschen, denen der Tod Kallmanns keine Ruhe lässt.

Das wirkte auf mich weder wie ein Krimi noch wie ein Thriller – und dennoch spannend, auf subtile, ruhige, oft langsame Weise.

Man muss sich darauf einlassen, dass die Dinge in diesem Buch ihre Zeit brauchen und das Augenmerk oft mehr auf dem Zwischenmenschlichen liegt als auf dem Kriminalfall.

Der Schreibstil ist in meinen Augen außergewöhnlich, die Charaktere authentisch, die Handlung intelligent konstruiert…  Dies war mein erstes Buch von Håkan Nesser, aber ganz sicher nicht mein letztes.

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Meine Wertung5 von 5 Sternen
TitelDer Fall Kallmann
OriginaltitelEugen Kallmanns ögon
Autor(in)Håkan Nesser
Übersetzer(in)Paul Berf
Verlag*btb
Seitenzahl*576
Erscheinungsdatum*30. Oktober
GenreGegenwartsliteratur
* bezieht sich auf die abgebildete Ausgabe des Buches
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Das Buch auf der Seite des Verlags

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