© Cover ›Blinde Vögel‹:
© Foto: A.M. Gottstein
Handlung
Zwei Tote in Salzburg. Sie stranguliert, er erschossen. Die Tat eines zurückgewiesenen Liebhabers? Aber die beiden scheinen zu Lebzeiten keinerlei Kontakt miteinander gehabt zu haben. Oder täuscht der erste Blick? Das Salzburger Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenninger ist ratlos. Aber Beatrice mag die Sache nicht auf sich beruhen lassen und verfolgt die Spuren, die die Toten im Internet hinterlassen haben. Auf Facebook wird Beatrice fündig: Beide waren dort Mitglieder in einem Forum, das sich ausgerechnet mit Lyrik befasst. Gedichte werden hier mit stimmungsvollen Fotos kombiniert und gepostet. Ganz harmlos. Ganz harmlos? Bald ahnt Beatrice, dass die Gedichte Botschaften enthalten, die nur wenige Teilnehmer verstehen. Düstere Botschaften, in denen es um Angst und Tod geht. Und dann stirbt eine der Lyrik-Liebhaberinnen…
(Klappentext)
Was haben Mord, Gedichte und Facebook gemeinsam?
Normalerweise nicht viel, aber Ursula Poznanski verbindet genau diese drei Elemente zu einem originellen Thriller. Spielte “Fünf”, der erste Band der Reihe, noch im Geocaching¹-Milieu, ermitteln Beatrice Kaspary und Florin Wenninger dieses Mal im Umfeld einer Lyrik-Gruppe auf Facebook. Lyrik? Was könnte harmloser sein als eine Gruppe von Menschen, die sich zusammentun, um über Gedichte zu sprechen? Tatsächlich begegnet Beatrice (unvermeidlich) auch harmoniebedürftigen Menschen, die Kätzchenbilder posten, aber der Tonfall in der Gruppe wird zunehmend beunruhigender. Viele der geposteten Gedichte und Bilder haben düstere Schwingungen, und die Ermittler (und Leser) beginnen zu hinterfragen, ob sie verschlüsselte Botschaften enthalten.
Mit gefällt an den Büchern von Ursula Poznanski sehr gut, dass sie ihre Geschichten oft in Subkulturen ansiedelt.
Geocaching in “Fünf”, Facebookgruppen in “Blinde Vögel”, und ihr Buch “Saeculum” (eines ihrer Jugendbücher) spielt im Live-Rollenspieler-Milieu. Damit gibt sie ihren Büchern etwas Unverwechselbares und Unverbrauchtes, und mir erscheinen sie gut recherchiert. Der Leser tappt in diesem Band lange komplett im Dunklen. Das Augenmerk liegt immer wieder auf der Facebookgruppe und dem Dialog der Mitglieder, was die Geschichte etwas ausbremst.
Die Spannung bleibt zunächst unterschwellig, das Tempo langsam – es dauert ewig, bis man halbwegs versteht, was dahintersteckt.
Dennoch unterhielt mich das Buch auf den ersten ~400 Seiten wunderbar. Ich musste ein paar Mal schmunzeln, weil die Autorin so authentisch darstellt, wie Menschen im Internet miteinander umgehen. Ganz nebenher lernt man außergewöhnliche Gedichte kennen, was mir viel Spaß gemacht hat. Und allmählich schraubt sich die Spannung doch noch hoch, denn Mitgliedschaft in dieser Lyrikgruppe scheint ungesund zu sein… Ich rätselte fleißig mit, was hinter den Gedichten stecken könnte, aber die Auflösung habe ich nicht kommen sehen.
Mein größter Kritikpunkt ist, dass der Leser keine Chance hat, die große Wendung am Schluss vorauszuahnen.
Natürlich gibt es vorher schon die ein oder unerwartete Wendung oder falsche Fährte, die ich gut geschrieben fand. Aber die Puzzleteile, die man bräuchte, um das tatsächliche Tatmotiv zusammenzusetzen, bekommt man nicht nach und nach im Laufe des Buches. Mir kam es vor, als würde die Autorin mir kurz vor Schluss das ganze Puzzle in einem Schwung vor die Füße kippen. Sogar die Ermittler kommen erst spät im Buch auf die richtige Idee. Das ‘Wie’ erschien mir dabei nicht 100%ig glaubhaft: die Verbindung, die alles erklärt, ist für Uneingeweihte weit hergeholt, aber Beatrice erkennt diese Verbindung trotz spärlicher Informationen. Das Ende ist originell und in sich schlüssig, keine Frage. Für meinen Geschmack überrumpelt es den Leser nur zu plötzlich.
Trotz des für mich enttäuschenden Endes hat mir das Buch insgesamt gut gefallen.
Der Schreibstil konnte mich vollends überzeugen. Er ist nicht nur flüssig und zieht den Leser direkt in die Geschichte, sondern er ist ausdrucksstark und geschickt aufgebaut: Die Beiträge aus dem Facebook-Chat fließen ungefiltert und ohne Ausschmückung in das Buch ein, dennoch bekommt der Leser ein gutes Gespür für die wichtigsten Teilnehmer der Gruppe. Ursula Poznanski gelingt es, in wenigen Worten ein lebendiges Bild eines Charakters zu zeichnen, den man nur aus seinen/ihren Chat-Einträgen kennt. Auch die Hauptcharaktere sind wieder gut geschrieben, obwohl Florin dieses Mal eher im Hintergrund bleibt. Selbst der Täter kommt zwischendurch zu Wort, was ich sehr spannend fand!
Fazit
Zwei Tote. Sie erdrosslt, er erschossen. Verbunden hat sie nur eines: sie waren beide Mitglied in der gleichen Lyrikgruppe auf Facebook. Beatrice Kaspary erstellt sich ein Profil und meldet sich in der Gruppe an, die zunächst vollkommen harmlos erscheint. Aber bald schwant ihr, dass mehr hinter den geposteten Gedichten und Bildern stecken könnte. Mir gefiel gut, dass Facebook bei diesem Fall so eine zentrale Rolle spielt! Das ist eine Welt, in der ich mich selber jeden Tag rumtreibe, und die ohne Zweifel ihre Abgründe hat. Der Thriller ist eher langsam und ruhig, aber ich fand ihn dennoch unterhaltsam. Nur das Ende kommt meines Erachtens zu sehr aus dem Nirgendwo, da hätte ich mir gewünscht, der Leser hätte vorher mehr Hinweise bekommen.
¹ Geocaching: eine Art weltweiter Schnitzeljagd, bei der mittels GPS und/oder Hinweisen versteckte Logbücher und Gegenstände gesucht werden.
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Titel | Blinde Vögel |
Originaltitel | — |
Autor(in) | Ursula Poznanski |
Übersetzer(in) | — |
Verlag* | Wunderlich |
ISBN / ASIN | 9783805250450 |
Seitenzahl* | 480 |
Erschienen im* | April 2013 |
Genre* | Thriller |
bezieht sich auf die abgebildete Ausgabe des Buches |
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