Ein Rezensionsexemplar des Buches wurde mir vom Verlag für eine ehrliche Rezension zur Verfügung gestellt.
© Cover ‘Christine Brand Blind’: Blanvalet-Verlag
© Foto: A.M. Gottstein
Handlung
“Nathaniel hört einen Schrei, dann bricht die Verbindung ab. Gerade noch telefonierte er mit einer Frau. Eine anonyme App verband die beiden, die Frau half Nathaniel dabei, das richtige Hemd zu wählen. Denn Nathaniel ist blind, doch der Schrei klang eindeutig. Was, wenn der Frau etwas angetan wurde? Er ist sich sicher: Es muss ein Verbrechen sein. Doch keiner glaubt ihm, es gibt keine Beweise, keine Spur. Gemeinsam mit einer Freundin, der Journalistin Milla, macht sich Nathaniel selbst auf die Suche nach der Wahrheit. Er ahnt nicht, dass er für die fremde Frau die einzige Chance sein könnte – oder ihr Untergang …”
(Klappentext)
Ungesehen, aber nicht unbemerkt
Der Klappentext sprach mich direkt stark an, denn er wirft eine sehr interessante Frage auf, über die ich mir noch nie zuvor Gedanken gemacht hatte: was würde eigentlich passieren, wenn ein Blinder Zeuge eines Verbrechens würde, und das auch noch aus großer Distanz und nur übers Telefon?
Hätte er überhaupt eine Chance, von der Polizei ernst genommen zu werden; würde seinem Gehör die gleiche Bedeutung beigemessen wie der Sicht eines sehenden Zeugen?Da stieg schon die nächste Frage in mir auf: könnte der blinde Zeuge sich wirklich absolut sicher sein, dass er einem Verbrechen – möglicherweise sogar einem Mord! – gelauscht hat, trotz einer möglichen akustischen Verfremdung übers Telefon?
Das Buch steigt schnell und spannend in diese Thematik ein.
Mir fiel dabei positiv auf, dass Nathaniel, der blinde Protagonist, sehr authentisch beschrieben wird. Ich verfolge seit einigen Jahren den Youtube-Kanal einer jungen Frau, die im Alter von 14 Jahren erblindet ist, und Nathaniels alltägliche Erlebnisse und Herausforderungen (jedenfalls bevor er mitten in einen Kriminalfall katapultiert wird) lesen sich ungemein schlüssig und glaubhaft, verglichen mit dem, was sie so aus ihrem Leben erzählt.
Der Leser gewinnt einen guten Einblick in seinen Alltag und die besonderen Schwierigkeiten, mit denen ein blinder Mensch in einer Welt der Sehenden zu kämpfen hat, ohne dass Nathaniel jemals zum Klischee verkommt oder auf seine Behinderung reduziert wird.
Er ist entschlossen, intelligent, einfallsreich, mutig, mitfühlend und – ach ja! – nebenbei auch blind.
Nathaniel zur Seite steht Journalistin Milla Nova, die mir ebenfalls gut gefiel. Ihr Freund Sandro ist Ermittler bei der Mordkommission, was ihr jedoch mehr Konflikte als Vorteile beschert. Er heißt es absolut nicht gut, wenn sie über die Fälle schreibt, an denen er gerade arbeitet, und erzählt ihr daher auch nichts darüber. Da sie allerdings eine schnelle Auffassungsgabe und ein gutes kriminalistisches Gespür hat, ist sie dennoch schnell auf der richtigen Spur – zu seinem Leidwesen.
Sie ist eine Protagonistin, der ich gerne durch weitere Bücher folgen möchte.
Allerdings schrieb die Neue Zürcher Zeitung, sie erinnere ‘leise an Lisbeth Salander aus der Bestsellertrilogie von Stieg Larson’, ich persönlich habe da jedoch keine Ähnlichkeit gesehen…
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass “Blind” zwar der erste Band der Reihe ist, der in Deutschland beim Blanvalet-Verlag erscheint, aber bereits der fünfte Band, den die Autorin mit der Protagonistin Milla Nova geschrieben hat! Die ersten vier Bände erschienen von 2009 bis 2015 beim Schweizer Landverlag. Man kann das Buch sehr gut ohne Vorkenntnisse lesen, man spürt aber hier und dort, dass die Charaktere schon eine Vorgeschichte haben.
Der zentrale Kriminalfall des Buches beruht auf einem tatsächlichen Fall – so unglaublich das auch scheint.
Ich möchte hier noch nichts darüber verraten, aber der Fall ist vielschichtig und voller unerwarteter Wendungen, so dass ich nur so durch die Seiten flog. Ein kleiner Wermutstropfen war für mich jedoch, dass es einige Zufälle gibt – darunter auch solche, ohne die die Ermittlungen zum Stillstand kommen würden. Ich persönlich bin kein großer Freund von Kommissar Zufall…
Hier und dort erschienen mir ein paar Dinge auch ein klein wenig unglaubwürdig, aber beides hält sich noch ausreichend in Grenzen, dass ich dennoch viel Spaß an diesem Krimi hatte.
Der Schreibstil ist sehr flüssig, unterhaltsam und angenehm zu lesen.
Die Kapitel enden meist in Cliffhangern, die so geschickt geschrieben wurden, so dass sie nicht penetrant oder unglaubwürdig wirken – was für mich oft ein Manko an Cliffhangern ist –, sondern die Spannung und das Tempo steigern.
Fazit
Nathaniel ist sich absolut sicher, dass er gerade Zeuge eines Verbrechens wurde. Da führt der erste Weg natürlich zur Polizei, aber die Sache hat einen Haken: Nathaniel ist blind und hat die Tat daher nicht gesehen, sondern nur gehört. Die Informationen, die er der Polizei geben kann, sind dürftig, und er wird schnell nicht mehr ernstgenommen.
Nathaniel lässt nicht locker, denn er befürchtet, dass irgendwo eine junge Frau um ihr Leben kämpft. In seiner Not wendet er sich mit der Bitte um Hilfe an die Journalistin Milla Nova, und das ungleiche Team macht sich auf die Suche nach der Wahrheit.
Der Fall ist sehr spannend, die Charaktere sind glaubhaft und gut geschrieben. Trotz kleiner Schwächen habe ich das Buch sehr gerne gelesen und werde ein Auge auf weitere Bücher der Reihe haben.
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Titel | Blind |
Originaltitel | — |
Autor(in) | Christine Brand |
Übersetzer(in) | — |
Verlag* | Blanvalet |
ISBN* | 9783764506452 |
Seitenzahl* | 448 |
Erschienen im* | März 2019 |
Genre | Kriminalroman |
* bezieht sich auf die abgebildete Ausgabe des Buches |
Das Buch auf der Seite des Verlags
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